Wir sind keine Abenteurer, keine Extremsportler, fahren weder den Nil noch den Rhein hinunter, erklimmen keine Viertausender, überqueren weder die Alpen noch erklimmen wir den Col de Tourmalet mit dem Rennvelo – nein, wir fahren ins beschauliche Périgord und nach Nordspanien und lassen uns auf Land und Leute ein, geniessen deren Köstlichkeiten, bestaunen historische Bauten und Schlösser, hinreissend gestaltete Parkanlagen oder jahrtausendealte Höhlenzeichnungen. Mal mit dem Auto, mal zu Fuss, wenig mit dem Velo (ausser Reini am frühen Morgen zum Gipfeli holen…) - immer sind wir staunend unterwegs.
Jeder und jede kann so eine Reise machen. Ohne grosse Vorbereitung, ohne Angst vor Pneu- oder Motorschaden, fehlenden Sprachkenntnissen, wunden Füssen oder Kopfschmerzen – man ist immer in der Zivilisation, kann mit Händen und Füssen reden (ausser man hat sprachgewandte Kollegen wie wir dabei) oder eine Autowerkstadt oder Apotheke ist um die Ecke. Für ältere Herren wie wir ein geradezu idealer Trip. Und trotzdem hat unsere vierwöchige Reise etwas Abenteuerliches. Wie arrangieren wir die Tage? Wie gehen wir miteinander um auf engstem Raum? Wie verarbeiten wir Ausgesprochenes und Geschehenes? Wie bringen wir uns ein? Wie können wir mit den unterschiedlichen Gewohnheiten umgehen?
Wir sind vier sehr unterschiedliche Typen, jeder hat seine Gewohnheiten, haben keinen gemeinsamen Nenner – der eine möchte am liebsten jeden Tag Wandern, der andere nur Lesen, der dritte wiederum nur in die Ferne schauen und der vierte, ja was möchte der eigentlich hier? Was aber keiner von uns hat, ist ein überschiessender Ichismus. Unser Leitmotiv dieser vier Wochen wird daher Gelassenheit sein. Schon Epikur hat uns im 4. Jahrhundert «ataraxia»(Nicht-Unruhe) vermittelt und Meister Eckehart tausend Jahre später das gleiche, «gelazenheit», gepredigt. Gelassenheit hat ja viel mit Besinnung zu tun: Wenn etwas für mich Sinn macht, dann kann ich dem Kommenden gelassen entgegenblicken. So versuchen wir in den nächsten vier Wochen uns vom Sinn des jeweiligen Tages-Vorschlages überzeugen zu lassen und dann diesen zu geniessen. Mal sehen…
Doch nun auch noch zum heutigen Tag, oder besser zuerst zum gestrigen Abend, wo Bernhard auf dem Liegestuhl meinte: «Morgen beginnen die Ferien!» Nach dem schweisstreibenden Aufbau und Einrichten von Zelt und Wohnwagen bei mehr als dreissig Grad ein durchaus verständlicher Ausspruch. Ja, wir sind an unserem ersten Etappenort angekommen. Von hier aus wollen wir das südliche Périgord, Périgord pourpre, erkunden. Heute: Bergerac. Berühmt nach dem edlen Dichter mit der langen Nase: Cyrano de Bergerac. Dabei hatte dieser Schreiberling mit richtigem Namen Hector Savinien de Cyrano nichts mit der Stadt zu tun, war nie in Bergerac, sondern wollte mit dem Namenszusatz «de Bergerac» betonen, dass er der Klasse der Kadetten angehörte – wie die Musketiere... Trotzdem, Bergerac hat eine umwerfend schöne Altstadt, war berühmt für Tabak und Wein (auch heute noch) und bezauberte bei unserem Besuch mit einem bunten Markt. Allerdings waren wir überrascht über die Preise: ein Kilo Tomaten fast fünf Euro! Die Schweiz hat mit Fr. 4.95 die höchsten Tomatenpreise Europas – und hier, wo der Mindestlohn wohl unter 2000 Euro liegt, sind sie gleich teuer. Wie machen das die Franzosen nur? Nun denn, wir haben trotzdem eingekauft, denn heute Abend wollen wir erstmals selbst kochen. Ich bleibe gelassen und freue mich auf das, was da auf den Tisch kommt…
"Morgen beginnen die Ferien!" Wir sind eingerichtet...

Auf dem Markt verblüfft uns das grosse Angebot und...

...die hohen Preise für Alltägliches!

Knoblauch, so weit das Auge reicht...

Der "Stadtheilige", der nie in Bergerac war (die Statue, nicht die Herren darunter)

Herrliche Altstadthäuser-Reihen - und hinten, weisse Statue, wieder der "Stadtheilige"...

Les chapeaux sont gratuites?
Bonjour la bande! Das klingt nach gekonnter Entschleunigung. Wohl dem der lange Weile geniessen kann! LG v Uli